Wenn "der Alte" zum Führen zu schwach wird, aber nicht zurücktreten will

Shownotes

Haben Sie den Mut, das unaussprechliche Tabu in Ihrem Familienunternehmen anzusprechen – den schleichenden Kontrollverlust des Patriarchen, der das Unternehmen einst groß gemacht hat?

Wenn eine alternde Führungskraft zu lange im Amt bleibt, kann das Unternehmen irreparablen Schaden nehmen. Der Übergang von einem starken zu einem beeinträchtigten Leader ist oft schleichend – und genau das macht ihn so gefährlich. In Familienunternehmen gibt es meist keine übergeordnete Instanz, die eingreifen kann, wenn der Eigentümer selbst zum Risiko wird.

Smarte Governance-Strukturen, neutrale Vermittler und eine klare Rollenverteilung helfen, einen sanften Übergang zu gestalten. Warnsignale wie kognitive Einschränkungen, unangemessene Entscheidungen, verlorene Autorität, Blockadehaltung und eskalierende Familienkonflikte erfordern schnelles, strategisches Handeln. Die Einbindung eines unabhängigen Dritten – sei es ein Familienberater, Beiratsmitglied oder langjähriger Vertrauter – kann helfen, Brücken zu bauen und lösungsorientierte Diskussionen zu ermöglichen.

  • Erkennen Sie, wie Sie zwischen "alt, aber fähig" und "beeinträchtigt" unterscheiden können.
  • Verstehen Sie, warum die Schaffung einer identitätsstiftenden Senior-Advisory-Role für den scheidenden Unternehmer oft der Schlüssel zu einem würdevollen Übergang ist.
  • Entdecken Sie, wie präventive Governance-Mechanismen mit klaren Regeln zu Amtszeiten und Leistungsüberprüfungen kritische Situationen verhindern können, bevor es "brennt".

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Intro

Herzlich Willkommen zum SHP-Audiocast.

Mein Name ist Christian Schiede. Jede Woche spreche ich über ein Schlüsselthema, um Familienunternehmen und Unternehmerfamilie gemeinsam besser zu machen.

Unser Ziel bei Schiede, Hülsbeck und Partner ist es, Sie dabei zu unterstützen, strategisch kluge Entscheidungen zu treffen, gemeinsam verantwortungsvoll zu handeln und Ihre Werte über Generationen zu sichern.

Die Schlüsselthemen, die wir uns in jeder Episode genauer anschauen, wechseln zwischen den folgenden vier Handlungsräumen:

Schlüsselthemen im ersten Raum zahlen darauf ein, den Familienzusammenhalt wirkungsvoll zu stärken.

Im zweiten Raum des Mehrgenerationenhauses, das Familienunternehmen für uns immer sind, geht es darum, die Eigentümervorteile der Familiengesellschafter wirkungsvoll zu sichern.

Die Governance smarter zu machen ist Schlüsselthema im dritten Raum.

Im vierten Raum geht es darum die unternehmerische Leistung strategisch zu fokussieren.

In der heutigen Episode befinden wir uns in Raum zwei des Mehrgenerationenhauses. Treten Sie ein und begleiten Sie uns, bei folgenden Thema:

Wenn "der Alte" zum Führen zu schwach wird, aber nicht zurücktreten will

Wenn eine alternde Führungskraft zu lange im Amt bleibt, kann das Unternehmen Schaden nehmen. Doch der Rückzug ist oft schwierig – emotional wie strategisch.

Frühzeitige Governance, neutrale Vermittler und eine klare Rollenverteilung helfen, einen sanften Übergang zu gestalten. Familienunternehmen müssen jetzt Strukturen schaffen, bevor sie durch eine Krise dazu gezwungen werden.

Ein stilles Risiko mit enormer Sprengkraft

Es gibt eine ungeschriebene Regel in Familienunternehmen: Loyalität und Respekt vor der Erfahrung der älteren Generation. Doch was passiert, wenn eine alternde Führungskraft – oft der Gründer oder eine prägende Unternehmerpersönlichkeit – nicht mehr in der Lage ist, das Unternehmen souverän zu steuern?

Ein geschwächter Unternehmer trifft Fehlentscheidungen, blockiert Innovationen oder gefährdet durch inadäquates Verhalten das Vertrauen von Mitarbeitern und Geschäftspartnern. Der Übergang von einem starken zu einem beeinträchtigten Leader ist oft schleichend – und genau das macht ihn so gefährlich.

Die Familie und das Unternehmen stehen dann vor einer doppelten Herausforderung: Wie kann der Schaden begrenzt werden, ohne das familiäre Fundament zu zerstören?

Der fatale Kontrollverlust eines Paten

Andrew Russo, das Oberhaupt der Colombo-Mafia-Familie, regierte sein „Unternehmen" jahrzehntelang mit Disziplin und Kontrolle. Doch mit 87 Jahren verlor er den Überblick, wurde unvorsichtig – und wurde schließlich verhaftet. Während Russo kein klassischer Familienunternehmer war, ist das Muster allzu bekannt: Eine einst starke Führungskraft hält am Status quo fest und ignoriert die Zeichen der Zeit. Bis es zu spät ist.

In Familienunternehmen gibt es meistens keine übergeordnete Instanz wie einen "Aktionärsrat", der in einem börsennotierten Unternehmen einen CEO entlassen könnte. Doch was tun, wenn der Eigentümer selbst zum Risiko wird?

Wie erkennt man die Grenze zwischen „alt, aber fähig" und „beeinträchtigt"?

Nicht jeder ältere Unternehmer muss abdanken. Erfahrung und Weitsicht sind oft unschätzbare Ressourcen. Doch es gibt Warnsignale:

• Kognitive oder physische Einschränkungen: Gedächtnisverlust, Verwirrung oder mangelnde Konzentration.

• Unangemessene Entscheidungen: Fehlende Risikobewertung, Fehlinvestitionen oder Vertragsverletzungen.

• Verlorene Autorität: Mitarbeiter und Geschäftspartner nehmen die Führungskraft nicht mehr ernst oder umgehen sie.

• Blockadehaltung: Verweigerung von Innovationen oder Nachfolgediskussionen.

• Konflikte in der Familie: Eskalierende Auseinandersetzungen mit der Next Gen oder anderen Gesellschaftern.

Wenn eines oder mehrere dieser Symptome auftreten, ist schnelles und strategisches Handeln gefragt.

Strategien für einen sanften, aber effektiven Übergang

Es gibt keinen „perfekten Moment" für einen Rücktritt, aber es gibt Wege, einen geordneten Übergang zu gestalten.

1. Eine neutrale Instanz als Vermittler einbinden

Wenn ein geschwächter Unternehmer sich gegen eine Veränderung wehrt, sind direkte Familiengespräche oft nicht zielführend. Ein unabhängiger Dritter – sei es ein erfahrener Familienberater, ein Beiratsmitglied oder ein langjähriger Vertrauter – kann helfen, Brücken zu bauen und eine lösungsorientierte Diskussion zu ermöglichen.

2. Parallelstrukturen aufbauen

Falls ein direkter Machtwechsel nicht durchsetzbar ist, kann ein „Schattenmanagement" geschaffen werden. In der Praxis bedeutet das:

• Enge Begleitung von Entscheidungen durch ein informelles Führungsteam.

• Erbenräte oder Next-Gen-Gremien, die strategische Weichenstellungen vorbereiten.

• Selektive Delegation von Verantwortlichkeiten, um kritische Unternehmensprozesse abzusichern.

3. Eine neue Rolle für den scheidenden Unternehmer schaffen

Oft klammern sich ältere Unternehmer nicht an die operative Kontrolle, sondern an ihre Identität als „Leader". Ein bewährter Ansatz ist es, eine Senior Advisory Role zu definieren, die ihnen Anerkennung sichert, ohne dass sie weiterhin kritische Geschäftsentscheidungen treffen.

4. Governance weiterentwickeln, bevor es brennt

Prävention ist der beste Schutz. Klare Regeln zu Amtszeiten, Leistungsüberprüfungen und Governance-Mechanismen schaffen ein strukturiertes Rahmenwerk, das kritische Situationen verhindert.

Unternehmen wie IKEA haben eine sanfte Transition erfolgreich gemeistert. Ingvar Kamprad, der Gründer, blieb bis ins hohe Alter involviert, übergab aber schrittweise Macht an die nächste Generation – ohne sein Gesicht zu verlieren.

Der kluge Rückzug ist eine Führungsleistung

Das Festhalten an der Macht kann ein Unternehmen und die Familie irreparabel schädigen. Doch mit einem strategischen, empathischen Ansatz kann ein würdevoller Übergang gelingen – zum Wohl aller Beteiligten.

Familienunternehmen müssen sich fragen: Haben wir die richtigen Strukturen, um mit dieser Herausforderung umzugehen? Oder warten wir, bis die Krise uns zum Handeln zwingt?

Outro

Ich danke Ihnen, dass Sie uns heute begleitet haben.

Wenn Sie Impulse aus dieser Episode mitnehmen konnten, freue ich mich, wenn wir in der nächsten Folge erneut voneinander hören.

Bis dahin wünsche ich Ihnen – wie immer – viel Erfolg bei der Umsetzung: im Tagesgeschäft und über Generationen.

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